San Cristobal de las Casas

Im Sonnenuntergangsrot bin ich in den Nachtbus von Puerto Escondido nach San Cristobal gestiegen und konnte durchs Fenster noch ein paar letzte Blicke auf den Pazifik erhaschen. Es wurde schnell dunkel und ich müde. Die Nacht im Bus war wieder super angenehm und ich konnte gut schlafen.


In San Cristobal angekommen habe ich die Hostelbetreiber rausgeklingelt  - es war erst 7:30 Uhr - und konnte schon aufs Zimmer. Es war noch komplett leer. 


Ich habe alles Unnötige abgeworfen und bin wieder los um erstmal einen Kaffee zu trinken. Chiapas - der Bundesstaat in dem sich San Cristobal befindet - ist bekannt für seinen guten Kaffee. mexiko ist eines der Exportstärksten Länder was Kaffee angeht und 40% dieses Kaffees kommt von hier. Schon am Aroma, als die Barista den Kaffee rausgelassen hat, konnte ich riechen: das ist ein anderes Level!

Um 10:00 Uhr habe ich mich dann wieder mal einer free walking Tour angeschlossen. Wir sind die kleinen Straßen und Märkte von San Cristobal abgelaufen und wurden mit vielen kulturellen und historischen Informationen gefüttert. So hat die Leiterin erklärt, dass Coca Cola in dieser Gegend tatsächlich als heilig angesehen wird und selbst studierte Mediziner den Leuten, die wegen Diabeted Probleme haben (und das sind die aller meisten) nicht sagen, dass sie weniger Coca Cola trinken sollen. Coca Cola ist unantastbar! Selbst in den abgelegensten Orten Mexikos findet man eher Coca Cola als Trinkwasser. Da hat die Marketingabteilung Arbeit vom Feinsten geleistet! 

Außerdem soll der riesige Markt, über den wir kurz geschlendert sind, einer der sichersten Orte sein, auf dem niemals geklaut werden würde. Warum? Weil die Kommune die Kunden braucht um wenn einer klauen würde, würden die anderen Standbesitzer ihm sofort die Hände abhacken. Kein Witz! Das will natürlich niemand, ergo es wird nichts geklaut. 


In San Cristobal ist mir die Armut Mexikos das erste Mal so richtig aufgefallen: unzählige Frauen laufen mit unappetitlich aussehenden Backwaren, grellbunten Bändern oder anderem Kram durch die Gegend und wollen dies für ein paar Pesos verkaufen. Kinder betteln und kommen sogar an die Tische im Restaurant. Einerseits habe ich ein unglaublich schlechtes Gewissen, wenn ich alle mit „No gracias“ abwimmele, andererseits kann ich das strukturelle Problem durch kleine Almosen auch nicht verändern. Billige Ausrede ich weiß…







Auf der Walkingtour, die mit einem kostenlosen Espresso und „Pox“ endete, habe ich Julian aus Österreich kennengelernt, mit dem ich den restlichen Tag durch die Stadt gelaufen bin und beide, auf zwei Bergen gelegenen Kirchen, besucht habe. Es tat gut nach dem vielen Sitzen im Bus mal wieder lange zu laufen. 


Zurück im Hostel, hatte ich auf einmal eine Mitbewohnerin: Alina aus Hamburg. Wir sind direkt ins Quatschen gekommen und haben uns entschlossen, zusammen in einem veganen Restaurant was zum Abend zu essen. Sowohl die Gespräche als auch das Essen waren unglaublich gut. 

Froh darüber mich wieder lang ausstrecken zu können bin ich eingeschlafen. 


San Cristobal liegt wie Mexiko City auf 2200m und hat dadurch deutlich geringere Temperaturen als Puerto Escondido. Der Temperaturwechsel, die Höhe und die doch nicht zu 100% erholsame Nacht im Bus haben mich irgendwie bisschen fertig gemacht und ich hatte ein leichtes Druckgefühl im Kopf. 


Den nächsten Tag bin ich daher ruhig angegangen und habe erstmal alleine einen Kaffee getrunken und nochmal den großen Markt erkundet. Am Mittag ist Britte, die ich schon in Mexiko City kennengelernt und in Oaxaca wieder getroffen habe, in San Cristobal angekommen und wir haben uns zusammen mit Alina zu dritt zum Mittagessen getroffen. 














„die Unternehmen rauben uns unser Wasser.“

Mein Sehnsucht nach Yuatan und meine Angst, dort nicht genug Zeit zu haben andererseits haben mich foran getrieben, sodass ich am nächsten Tag schon wieder den Nachtbus nach Mérida gebucht habe. Das wird die mit Abstand längste Fahrt - 15h - und aber zum Glück auch die letzte über Nacht. In Yucatan sind die Distanzen dann sehr überschaubar. 


Ich habe mit Alina noch einen Kaffee getrunken und mich dann auf den Weg zum Bus gemacht. 

San Cristobal de las Casas hat mir bisher von den Städten am besten Gefallen! Die Haupt-Bummelzone ist super schnuckelig. Hinter jeden Eingang verbirgt sich ein hippes Kaffee, grüne idyllische Hinterhöfe oder trendige Klamottenläden. Die Häuser sind nicht sehr hoch, was der Stadt eine liebliche Atmosphäre verleiht. Die Stadt ist mitten in den Bergen, sodass man von der Bergkulisse um einen herum quasi umarmt wird. Ich hätte durchaus noch einige Tage hier gestalten können und Tagesausflüge zum nahegelegenen Nationalpark mit schönem See machen können. Aber wie gesagt, hat es mich weiter gezogen. 

Ich habe die Größe Mexikos und die Fahrtstunden massiv unterschätzt und die Sachen, auf die ich mich am meisten freue, lagen noch vor mir. 



Mit Alina


Und so sind wir wieder bei meinem alten Freund (oder Feind) der Rastlosigkeit. Auf Reisen kommt dieses „Ich will alles sehen.“ sehr stark in mir hoch. Ich habe den unglaublichen Drang, die Reise maximal ausnutzen zu müssen, nichts zu verpassen und alles mitzunehmen was geht. Ich weiß (im Kopf) selber dass das Schwachsinn ist und unmöglich. Es ist faszinierend, wie ich immer wieder in die heimliche Erwartung, am nächsten Ort sei es noch toller und spiele sich das Leben ab, verfalle und immer denke, das schönste liegt noch vor mir. Dadurch bin ich nie im Moment und schätze den Ort, an dem ich gerade bin immer erst im Nachhinein. Das ist etwas, was mir dieses Mal besonders auffällt, ich aber bisher auf jeder Reise hatte. 













Das heilige Getränk





Janine hat sich in der Bar, vor ein paar Tagen einen Cocktail mit dem Namen „ahora y aqui“ (= Hier und Jetzt) bestellt und das schien mir ein Hieb mit dem Zaunpfahl vom Leven gewesen zu sein. Schnelles Reisen, Sehenswürdigkeiten abklappern und Fotos machen, ist nicht das was ich will! Aber was will ich denn? Warum reise ich überhaupt? Wie will ich reisen?

Diese Fragen geisterten immer lauter in meinem Kopf herum. Eine Antwort habe ich bisher noch nicht gefunden. 

Nur in einem bin ich mit sicher: mit dem Reisen ist es wie zu Hause; Wenn man nicht das schätzen kann, was man gerade hat - sei es das schöne zu Hause oder der Traumstrand - dann wird man niemals glücklich sein. Es geht nicht darum, die tollsten Orte beim Reisen abzuklappern, sondern sich von der noch so kleinen Sache im JETZT berühren zu lassen und sie zu schätzen. Wenn man das zu Hause nicht kann - und das ist bei mir so - kann man es auch auf Reisen nicht… Man ist immer noch man selbst, nur an einem anderen Ort, und nimmt dementsprechend seine ganzen Gedanken, Prägungen, Wahrnehmungen und Macken mit. Das ist quasi das Gratis Gepäck, was jeder trägt aber nie abgerechnet werden kann. 😉 


Ich bin in der Abenddämmerung in den Bus gestiegen und hatte mal richtig Glück: ich hatte den Platz auf der Seite der Sonne und hatte einen absolut atemberaubenden Blick auf die riesige Ebene, die sich vor bzw. unter mir ausbreitete und die von der Sonne in ein goldenes Licht getaucht wurde. Die Sonne wanderte Stück für Stück dem Horizont entgegen und versank schließlich hinter ihm. Es war wirklich magisch! 🌅 

Kommentare

  1. So schön, die Farbenpracht der Früchte-Stände!! Und alles will gekauft werden.. es scheint zu rufen wie bei Frau Holle :-)

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  2. Die Kunst des Reisens will auch erst gelernt sein, „Lehrgeld“ scheint unvermeidlich. Man kann wohl unmöglich alles richtig machen beim ersten Mal am fremden Ort. Und was ist richtig? Jeder hat seine eigene Antwort. Du wirst deiner wieder ein Stück näher kommen :-*

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