Überall liebe Menschen
Tag 8 & 9
Puh es kommt mir vor, als müsste ich zwei Monate in der Zeit zurück gehen, um von dort weiter zu schreiben, wo ich aufgehört habe…
In der Nacht auf dem süssen kleinen Campingplatz hat es recht lange geregnet und auch als der Morgen graute, hat es beharrlich weiter geregnet. So habe ich mir, wie immer wenn es zu nass ist, um vor dem Zelt zu sitzen, meinen morgendlichen Kaffee im Vorzelt gekocht und beim trinken innerlich gebetet, dass es doch bitte mit regnen aufhören möge.
Das hat es zwar dann auch, aber nun war ja alles nass und so musste ich das Zelt schließlich nass einpacken.
Als ich schon alles fest am Rad hatte und ich mich gerade zum Frühstück niederlassen wollte, hat mich ein Mann angesprochen, ob ich ihm und seiner Frau nicht erzählen will, wohin ich so fahre und woher ich komme. Natürlich gerne!
Christian, Barbara und ich haben, am eigens vom Campingplatz-Betreiber für jeden Gast herbei geschleppten Tisch und Stuhl, zusammen gefrühstückt und uns über unsere Reisevorhaben ausgetauscht. Die beiden - ein deutsches Lehrer-Pärchen - haben gerade ihr Sabbatical begonnen und sind - zu meiner großen Freude - in Richtung Nordkapp unterwegs. Ich habe sehr gehofft, dass ich dieses Jahr Radreisende mit dem Nordkap als Ziel treffen werde, wo ich es schon selbst nicht mache.
In der Zeit, wo wir gequatscht haben, hätte mein Zelt sehr gut an der nun am blauen Himmel über uns stehenden Sonne trocknen können, aber das konnte ich ja nicht wissen.
Gegen 11:30 Uhr haben wir uns verabschiedet und ich bin gen Süden weitergerollt. Ich wollte eine grössere Etappe machen, damit ich einen Shelter ausprobieren kann, den ich vom letzten Jahr noch nicht kenne. Denn den Abschnittt, der nun kam, kannte ich schon. Wie ich festgestellt habe, war es aber eigentlich auch der Schönste der ganzen Strecke: tolle Dünen, Sandstrände, kleine Häfen und kurvige Küste, an der man direkt in der ersten Reihe entlang fährt. Es war wirklich toll. Und noch dazu hat sich der Wolkenhimmel geöffnet und die Sonne hat sich mal wieder in voller Pracht gezeigt. Ich war top motiviert und die erste Hälfte der Etappe ist vorbei geflogen - oder besser ich bin an der Etappe vorbei geflogen. 😉
In den Dünen habe ich dann in der Mittagspause mein nasses Zelt aufgebaut, was - vom Wind kräftig durchgeschüttelt und von der Sonne beschienen - im Handumdrehen trocken war. Ich lag noch eine Stund in der Düne und habe einfach mal das tolle, letztes Jahr für mich komplett selbstverständliche, Wetter genossen.
Dann ging’s weiter. Die Strecke war schön und ich hatte das Gefühl, weil ich den Weg schonmal gefahren bin, kam es mir viel kürzer vor. Die letzten 10km bis zum Shelter habe ich durchs Inland abgekürzt und hatte vollere Rohr Gegenwind.
Ich glaube Gegenwind in der Ebene kommt einer 5-8% Steigung am Berg gleich. Es ist echt mega anstrengend. Vor allem muss man die ganze Zeit treten, denn sobald man aufhört, bremst der Wind einen innerhalb von 5m aus.
Am Shelter angekommen, haben gerade zwei dänische Mädels ihr Abendessen vorbereitet und eine deutsche Familie mit 1.5 Jahre und 6 Jahre alten Kindern lagen schon im Shelter. Sie haben mit aller Mühe versucht ihren jüngsten, der putzmunter und absolut nicht im Schlafmodus war, ins Bett zu bringen. Das habe ich jetzt schon öfter gehört, dass Eltern, die ihre kleinen Kinder in einem Anhänger hinterher ziehen, am Abend total fertig sind aber die Kinder, die den ganzen Tag im Wagen schlafen, gerade dann so richtig aufdrehen.
Wir haben zusammen gegessen und gequatscht und danach habe ich meinen ersten Sonnenuntergang dieser Reise angeschaut.
Tag 8
Am nächsten Morgen konnten wir alle zusammen am Tisch vor den Sheltern frühstücken, da sich der für den ganzen Tag angekündigte Regen nach hinten verschoben hat. Nachdem alles wieder zusammengepackt war, haben wir uns verabschiedet und ich bin weiter Richtung Helsingborg und damit Fähre. Ich bin direkt durch die Stadt durch zum Fährgelände gefahren und konnte bis auf die Fähre durchrollen. Ich bin genau zur richtigen Zeit gekommen und musste keine Sekunde warten. Mittlerweile hat es richtig angefangen zu regnen und das sollte den restlichen Tag so bleiben.
Ich hatte in der Zwischenzeit immer mal wieder Kontakt mit Bosse (den ich gaaaanz am Anfang in Warnemünde kennengelernt habe), der sich im Endeffekt für Dünemakr statt Schweden zum radeln entschieden hat. Er war gerade in der Gegend und wir haben uns auf der dänischen Seite der Fährstation getroffen und 4h mit Pizza und Kaffee den Regen ausgeharrt. Bosse hat auch schon sehr viel erlebt und gesehen und wie immer liebe ich es, andere Menschen von ihren Reiseerlebnissen berichten zu hören.
Ich habe mir für diesen wirklich unangenehmsten und nassesten aller bisherigen Reisetage auf Warmshowers ein Dach für die Nacht gesucht. Lucy und ihre Familie hat mir zurückgeschrieben, dass es ungünstig wäre, da sie mit ihren zwei Kindern am nächsten Morgen ganz früh raus muss, weil sie nach England fliegen. Allerdings hat sie gleich ein paar Stunden danach hinterher geschrieben, dass ihre Kinder sich super freuen würden und sie mich gerne für die Nacht aufnehmen. Ich hatte also einen Schlafplatz!
Bosse und ich haben uns 16:00 Uhr verabschiedet und ich bin in strömendem Regen zu Lucy und ihrer Familie aufgebrochen. Es waren zwar nur 10km aber schon nach einem km war ich klitschnass.
Ich wurde super lieb von allen vier Familienmitgliedern empfangen und durfte sofort erstmal duschen. Was für ein Luxus! Danach haben wir erstmal bisschen erzählt, Mia (die jüngste Tochter, 13 Jahre alt) hat mir eine Haustour gegeben und dann haben Björn (ihr älterer Bruder, 15 Jahre alt), Mia und ich „das verrückte Labyrinth“ gespielt und dabei ganz viel erzählt. Die beiden sind soooo sympathisch und einfach ganz ganz liebe, aufmerksame Kinder. Mit ihnen reden konnte ich cooler Weise auch, da Lucy aus England kommt und die Kinder daher bilingual aufgewachsen sind.
Lucy und ihr Mann sind natürlich genauso lieb und haben mir direkt den Schlafplatz auf dem super weichen Sofa angeboten.
Dann gab es sogar Abendessen für mich mit und es war wieder sehr lecker.
Nach dem Essen haben wir noch ein witziges Schweinchen Spiel gespielt und bei Schokolade und Tee viel erzählt.
Kurz vor dem Schlafengehen gab es noch eine kleine „Roomtour“ von mir. Ich habe mein Fahrrad und den Inhalt aller Fahrradtaschen erklärt und das Staunen ist angesichts meiner minimalistischen Ausstattung immer groß. 😃
Ich konnte meine Dankbarkeit kaum in Worte fassen, aber ich war unglaublich happy, bei so einer super netten Familie untergekommen zu sein. Ich habe mich ab dem ersten Moment pudelwohl gefühlt. 😊
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