Erschöpfung macht sich breit…
Tag 10, 11 und 12
Lucy und ihre Familie mussten am nächsten Tag wie angekündigt sehr früh raus. Lesse, der Vater, ist nicht mitgekommen und hat den Rest nur zum Bahnhof gefahren. In der Zeit, wo er weg war durfte ich liegen bleiben und ausschlafen. Danach haben Lesse und ich zusammen mit frischem Gebäck gefrühstückt und über die Probleme dieser Welt philosophiert.
Durchs Fenster hat zwischen fetten Wolken immer mal wieder die Sonne durchgeschaut und bald darauf habe ich mich wieder in den Sattel geschwungen.
Es war bewölket und nicht super warm aber die Landschaft hat sich alle Mühe gegeben das wieder auszugleichen. Große und vor allem hügelige Dünen haben sich am Strand ausgebreitet. Ich bin in einen komplett unscheinbaren und sehr sehr schmalen Radweg eingebogen, der sich als der schönste bisher entpuppt hat. Leicht erhöht und mit perfekter Aussicht hat er mich durch die Dünen und Wälder lang geführt. Die ganze Zeit hatte ich Blick aufs Meer. Es war toll!
Als ich gerade Mittagspause gemacht habe, hat es dann wieder einen kleinen Schauer gegeben, sodass ich vorzeitig weiter gefahren bin. Es ging vorbei an vielen vielen tollen Häusern. Direkter Meerblick und das Design bei einem Haus toller als beim nächsten. Wenn ich mal ein Haus kaufe, dann in dieser Lage!
Da es nun etwas hügeliger wurde und ich öfter hin und her schalten musste, hörte ich auf einmal einen lauten Knall und musste feststellen, dass mein Schaltkabel gerissen war. Na toll! Ich bin zum - zum Glück nur 10‘ entfernten - Fahrradmech gefahren aber der konnte mir nach genauer Begutachtung nicht weiterhelfen und hat gesagt ich soll den Zug nach Helsinge nehmen und dort zu einem Fahrradmechaniker gehen, der mir helfen kann.
Ich hatte ja mal so gar keine Lust den Zug irgendwohin zu nehmen! Das Wetter war gerade perfekt und die nächsten Stunden mit der Fahrradreperatur zu verschwenden hat mir zutiefst widerstrebt.
Na es halt ja alles nichts. Nicht mehr schalten zu können ist auf jeden Fall ein No-Go also musste ich 10‘ mit dem Zug nach Helsinge fahren. Dort angekommen hat der Fahrradmech mich sofort dran genommen und siehe da: nach 20min Warten rollte er mit dem reparierten Rad wieder heraus. Na zum Glück!
Natürlich kostete mich der ganze Spaß auch was aber das ist unter „Notsituationen“ im Budget mit einkalkuliert. Mit dem Zug ging’s zurück und dann an der selben Stelle wieder weiter auf dem Radweg. 2h hat es insgesamt dann doch gedauert.
Ich war an dem Tag nicht mehr in besonderer Fahrfreude und habe mich mehr oder weniger bis zum Campingplatz - den ich mir gönnen wollte - gezwungen. Die letzten 5 Kilometer eines Tages fühlen sich immer 10x länger an als die ersten 5km.
Am Zeltplatz angekommen habe ich geduscht, gegessen und mich aus meinem Zelt nicht mehr wegbewegt.
Tag 11
Am nächsten Morgen hatte ich erstmal eine sehr unangenehme Überraschung! Es hat in der Nacht, wie eigentlich fast jede Nacht, geregnet und ich habe meinen rechten Schuh nicht komplett unter dem Vorzelt stehen gehabt, sodass die Spitze vorne rausgeschaut hat. Ein böser Fehler. Nicht nur dass der Regen den Schuh nass machen konnte, der Schuh stand ja genau so, dass alles was an der Zeltplane runterlief genau in den Schuh reingeflossen ist. Der Schuh war nicht einfach nur nass - er war vollgesaugt!
Ich war natürlich dezent angepisst deshalb. Ich habe ihn mit Klopapier ausgestopft und versucht in der Sonne zu trocknen. Aber als ich ihn dann später angezogen habe, war er immer noch sehr nass. Zu meinem Staunen habe ich das aber gar nicht soooo sehr gemerkt beim Fahren.
Ich habe mit der Fähre, die die engste Stelle zwischen Fjord und Meer überbrückt, übergesetzt.
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Mal ein kleiner Überblick wovon ich die ganze Zeit rede, wenn ich zwischen Fjord und Meer unterscheide. |
Drüben angekommen war ich erstmal etwas unschlüssig, wo ich die nächsten Tage noch so hin will und vor allem wie weit. Es hat sich irgendwie nicht richtig angefühlt, von Schweden wegzufahren. Und ich habe auch langsam eine gewisse Erschöpfung gemerkt und wollte es erstmal etwas ruhig angehen. Um ehrlich zu sein, hatte ich an diesem Morgen einfach gar keinen Bock - das kommt also auch noch. (Und da wusste ich noch gar nichts von meinem voll gelaufenen Schuh.)
Ich habe mich am nächsten Supermarkt fürs Mittagessen eingedeckt und bin ans Meer gefahren um mir eine schöne Stelle zu suchen. Und ich habe die perfekte Stelle gefunden! Ein kleiner Grassbschnitt führte ins Meer - bzw. In den Fjord- hinaus und war relativ verschont vom Wind. Perfekt! Ich habe gegessen und dann direkt ein kleines Mittagsschläfchen gemacht. Dann hat der Wind mich doch noch gefunden und vertrieben.
Ich bin weiter gefahren und bin noch 40km bis zum nächsten Shelter getadelt. Ich habe immer mal wieder angehalten wenn es schön aussah und dadurch kam es mir gar nicht so lang vor.
Die Shelter waren super schön. Eigentlich hätte man für sie bezahlen müssen, da sie direkt neben einem Campingplatz lagen in mit diesem verbunden waren aber ich habe einfach gehofft dass mich keiner bemerkt und das war zum Glück auch so.
Ich habe mich eingerichtet und eingemummelt und bin ins „Bett“. 😉
Tag 12
Die Nacht im Shelter war überraschend gut auch wenn es dort drin immer wesentlich kälter ist als im Zelt. Es ist zwar zu drei Seiten abgeschottet aber an einer Seite dann doch offen - und das merkt man.
Ich habe in aller Ruhe gefrühstückt und zusammengereimt und bin los.
Genauso wie am Vortrag hatte ich eher weniger Lust und war mit Mittlerweile sicherer dass es vor allem an der schwindenden Kraft liegt. Immerhin bin ich ja nun schon den 12. Tag in Folge auf dem Rad. Wenn sich die Etappen nicht immer gleich groß waren, gefahren bin ich jeden Tag. Ich wollte also wieder nicht so weit fahren. Ich bin durchs Inland durchgestochen, und damit die Richtung zurück nach Schweden angetreten. Zum ersten Mal auf meiner Reise war mir Rückenwind vergönnt! Das merkt man immer daran, dass es auf einmal so ruhig ist beim Fahren, weil der Fahrtwind quasi vom Rückenwind aufgehoben wird. Und es geht natürlich auch leichter.
Am Meer angekommen, habe ich einen viel zu großen Einkauf beim Netto gemacht und mich dann mit meiner Fuhre zum nächsten schönen Platz fürs Mittagessen geschleppt. Ich Hb in aller Ruhe mein Daal mit Brot gegessen und Erdbeeren genossen, da fängt es auf einmal an zu regnen. Ich musste ganz schnell alles zusammen packen und die Mittagspause abbrechen. Ich war total genervt, weil erstens recht viel nass geworden ist und ich zweitens total zu frieren angefangen habe. Wenn es bei ohnehin nur 17 Grad noch regnet wird es ganz schnell kalt.
Ich habe mich kurzerhand entschlossen auf den nächstbesten Zeltplatz einzukehren und einen halben Ruhetag einzulegen, den ich ja eh nötig hatte. Der Zeltplatz war super und ich habe den restlichen Nachmittag - soweit es das Wetter zu ließ - vorm Zelt liegend mit damit verbracht Reisedokus anzuschauen.
Genau so einen Tag habe ich gebraucht.
Nun habe ich noch einen vollen Tag in Dänemark und am Freitag Abend möchte ich gegen Abend zurück nach Schweden übersetzen. Am vorletzten Tag bin ich dann nochmal bei Anna und ihrer Familie in Lund eingeladen. Dort wohnen sie eigentlich. Das andere war nur ihr Ferienhaus. 😊
Am Sonntag Abend fahre ich dann über Nacht wieder mit der Fähre nach Rostock und dann mit dem FlixBus nach Leipzig und dann mit dem Zug nach Chemnitz. Dort bleibe ich drei Tage bevor ich mit dem FlixBus dann wieder nach Hause nach Zürich fahre. (Dann kommt aber noch die nächste Reise, also der Blog wird nochmal reaktiviert dieses Jahr ;))
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