Etappe 27
Etappe 27 - 28.07.
Irgendwie hat es sich so eingeschlichen, dass ich früh immer ganz schön lange rumdaudel. Ich stehe nie später als 8:00 Uhr auf, aber losfahren tu ich in letzter Zeit erst 10:30 oder sogar 11:00 Uhr. Ich koche mir immer entspannt meinen Kaffee, frühstücke, schaue mir die Route an und das Zusammenpacken dauert ja auch nochmal eine Stunde. Ich dachte ich wäre vielleicht etwas schneller geworden aber es ist immer noch genau eine Stunde.
So war es auch an diesem Morgen und ich bin sehr spät gestartet. Es ging durch den Wald über perfekt asphaltierte Fahrradstrassen. Es war in Genuss! Allerdings ein vergänglicher, wie sich herausstellen sollte…
Im Wald hatte ich bald einen älteren Herren vor mir, dem ich eine ganze Weile hinterher gefahren bin und schließlich überholt habe. An einem schönen netten Café direkt am Weg habe ich dann wenig später halt gemacht und keine 2min nach mir kam auch der Mann angerollt. Wir haben uns beide mit Kuchen und Kaffee versorgt und ich habe ihn gefragt, ob ich mich zu ihm setzen darf. Wir sind ins Gespräch gekommen und haben sicher 1h gequatscht. Beziehungsweise hat hauptsächlich er gequatscht und ich zugehört. Er ist gerade frisch im Ruhestand und macht jetzt von Rostock aus alle paar Tage jeweils 100km Touren… ohne E-bike!
Als wir uns gerade verabschiedet haben, ist ein junger Mann in ungefähr meiner Alter mit Bikepacking Setup angerollte und ich habe ihn angesprochen. Er heißt Luca und fährt durch Deutschland. Er ist tatsächlich der erste, den ich treffe, der genau in meinem Alter ist und auch eine lange Reise mit dem Rad alleine macht. (Und Laura vom Anfang natürlich). Wir sind noch ein Stück zusammen gefahren bis sich unsere Wege trennten: er wollte nach Berlin und ich bin westlich von ihm in den Süden weitergefahren.
Es war schon 14:00 Uhr und ich hatte gerade mal 20km gemacht. Ich bin also in die Pedale getreten. Sehr weit in hohem Tempo bin ich jedoch nicht gekommen, da mich meine App auf den nächst besten Feldweg geschickt hat, was ja vom Ambiente her schöner ist, aber Ultra anstrengend in jeder anderen Hinsicht. Ich muss permanent aufpassen, wo ich hinfahre, ob Löcher, Steine oder große Äste kommen und teilweise war sogar so viel Sand, dass es mir das Rad weggedreht hat. Es war echt mühsam (und das ist echt beschönigend ausgedrückt). Dazu kam noch, dass ich jede Sekunde meine Reifen angebetet habe, bitte durchzuhalten und mich nicht in der Pampa hängen zu lassen.
Das ging eine ganze Weile so… sicher 1.5h. Dann - endlich - kam wieder ein asphaltierter Fahrradweg! Ich bin abgedüst und wollte nun endlich mal Kilometer machen.
Auch auf den Fahrradwegen liegen - wenn sie durch den Wald gehen - immer wieder Äste und irgendwelche anderen Naturdinge rum… Irgendwann konnte ich von weitem einen ziemlich dicken und ungewöhnlich stark gebogenen Ast erkennen. Erst als ich schon sehr nah dran war, habe ich erkannt, dass es kein Stock war, sondern eine Schlange. JedeR, der/die mich kennt, weiß, dass ich Schlangen absolut hasse und finde, der Planet hätte echt auf diese Spezies verzichten können.
Als ich gecheckt habe, was da vor mir liegt, ist wirklich eine kleine (oder eher große) Schockwelle durch meinen Körper gegangen und ich habe am ganzen Körper kurz gezittert.
Wie gesagt, war ich ja schon sehr nah an der Schlange dran. So nah, dass mein Ausweichmanöver nicht mehr weit genug rechts war und ich - in mir zieht sich schon alles zusammen wenn ich nur dran denke - ungefähr 15cm bevor die Schlange “zu Ende” war, über sie drüber gefahren bin. In diesem Moment hat es sich angefühlt, als würde der Schmerz, den die Schlange gefühlt haben muss auch durch mich durch gehen. Es hat mir selber weh getan, dass ich sie erwischt habe! Ich habe mich unmittelbar danach sofort umgedreht und ganz verschwommen gesehen, dass sie sich bisschen aufgerichtet und total gewunden hat. Ich hätte echt kurz heulen können… Wieso zur Hölle habe ich so viel Mitleid mit Schlangen obwohl ich sie nicht ausstehen kann?
Zum Anhalten hat das Mitleid jedoch nicht gereicht. Ich wollte so viel Abstand wie möglich zwischen mich und die Schlange bringen und bin wie eine Bekloppte in die Pedale getreten. Dabei habe ich immer wieder vor mich hergesagt, wie leid es mir tut. Einerseits, weil ich mich so bisschen beruhigen konnte und andererseits weil ich die Schlangencommunity besänftigen wollte, auf deren Liste der menschlichen Feinde ich mich gerade ganz oben eingereiht glaubte.
Durch mein sehr rasantes Tempo habe ich dann ziemlich bald Neuruppin erreicht. Die erste Stadt seit 60km mit Rewe und Rossmann! Ich habe alles gekauft, was ich brauchte und dann mal wieder voll im Asi-Style direkt auf dem Parkplatz gegessen. Im Rewe habe ich an der Kasse direkt noch 50€ angehoben. Das ist ja hier so praktisch, dass das gleich geht…
Als ich Neuruppin schon hinter mir hatte und 7km gefahren bin, hab ich mich auf einmal gefragt, ob ich denn die 50€ überhaupt bekommen habe. Der Kassierer hat mein Fahrradoutfit kommentiert und mich nach meiner Route gefragt und wir haben kurz gequatscht. Wir waren beide abgelenkt. Ich habe nachgeschaut und es waren keine 50€ da. Also blieb mir nichts anderes übrig als umzudrehen.
Wieder beim Rewe hat der Kassierer seine Kasse checken lassen und kam wenige Minuten später mit einem 50€ Schein und einem “Es tut mir Leid, da hab ich wohl gepennt.” zurück. Ich hab aber ja auch gepennt… naja noch mal gut gegangen.
Ich bin wieder los und habe im Endeffekt 14 Extra-Kilometer gemacht.
Der Zeltplatz war allerdings nicht mehr weit und so war das Ende der Etappe in Sicht.
Der Zeltplatz war an einem See gelegen und so konnte ich mich dort erstmal erfrischen. Dann habe ich gekocht. Und OMG! es waren NICHT Nudeln mit Pesto, sondern was Neues! Ich habe mir so eine Teryaki Paste gekauft, Mie Nudeln und China Gemüse aus dem Glas und habe “a Asia Nudeln” imitiert. Es war ein seeeeehr schlechter Abklatsch aber immerhin mal ein bisschen was anderes. Zwar immernoch Nudeln aber naja.
Da ich mich für Samstag Nachmittag bei meinen Großeltern und Wittenberg angekündigt hatte, muss ich jetzt ein gewisses Pensum am Tag fahren und daher habe ich mit für den nächsten Tag mal den Wecker gestellt, damit ich etwas eher los komme. 😉
Route
Kilometer: 78 km
Gesamtkilometer: 2142 km
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