Etappe 18

Etappe 18 - 17.07.

Als wir uns dem Zelt gekrabbelt waren, wurden wir von einem bewölkten Himmel begrüßt. Er passte irgendwie zum Abschiedstag.

Wir haben ein letztes Mal Kaffee gekocht. Bzw hat Louis seinen Kocher parat gemacht, den ich dann mit seinem Wasser auch noch benutzen durfte. Das hat sich irgendwie so eingeschlichen. 

Beim Kaffee hatten wir nochmal ein letztes  Gespräch über Gott und die Welt und haben uns dann auf Richtung Helsingborg gemacht, wo die Fähre Richtung Dänemark abfährt. 





Die Strecke war sehr viel kürzer als gedacht. Ich hatte noch ein letztes Mal Louis lustigen, immer gleich frequentigen Fahrstil in meiner Meinung nach viel zu hohem Gang vor mir. 

Es klingt so dramatisch… Ein letztes Mal hier und ein letztes Mal dort… Aber es ist auch wirklich immer wieder schwer Reisebekanntschaften zu verabschieden. Man lernt sich kennen und verbringt von 0 auf 100 super viel Zeit zusammen und dann auf einmal geht es wieder von 100 auf 0 und man sieht sich - in aller Regel - nie wieder. Natürlich redet man sich gegenseitig ein, dass man in Kontakt bleiben wird, aber es ist normalerweise nur eine Frage der Zeit bis dieser sich verliert. 

Mit Louis kann ich mir jedoch vorstellen, dass wir lange über ganz sporadische Mails ins Kontakt bleiben werden. 


Wir haben uns jeder einen 0.5 Kg Becher Joghurt gekauft und in schweigsamer Melancholie in uns hinein gelöffelt. Louis hat mir gesagt, dass die 10 Tage mit mir definitiv das Besonderste seiner Reise waren und dass er generell in seinem Leben selten so lange mit jemandem gereist ist. 


Dann gab es zum letzten Mal “We will keep in touch!”, eine Umarmung und weg war er…


Ich bin zur Fähre gefahren. (Das klingt so dudelidei mäßig als wäre es eine Busstation aber nichts ist chaotischer als ein Hafen!) und nach ganz kurzer Wartezeit bin ich schon aus Schweden aus und nach Dänemark eingereist. 


Es war ein komisches Gefühl an Board, denn auch Schweden ist mir in den nicht mal sieben Tagen ans Herz gewachsen. Ich habe mich dort sehr sehr wohl gefühlt und kann mir super gut vorstellen, dort mal länger zu bleiben - für eine große Reise oder ein Auslandssemester…




In Dänemark angekommen, bin ich direkt losgefahren und so schnell erstmal auch nicht mehr abgestiegen. Ich musste den Kopf frei kriegen und nirgendwo gelingt mir das besser als auf dem Sattel. Es ist interessant, dass ich beim Wandern eher ins philosophieren komme, aber auf dem Rad denke ich wirklich fast an gar nichts…


Gegen 15:00 Uhr bin ich nach Kopenhagen rein gerollt. Ich musste direkt bis in die Innenstadt, wo mein Hostel war. 

Dort angekommen, wurde ich direkt mit der unschönen Tatsache konfrontiert, dass mit “Fahrrad Parkplatz”, der in der App als besondere Leistung des Hostels angegeben war, die Fahrradständer auf der Straße gemeint waren. Ich hatte mir aber gedacht, dass ich nur 2 Taschen abmache und mit ins Zimmer nehme und den Rest am Rad lasse. Das war wohl nichts. 

Als ich total genervt meine ganzen Taschen ab gefummelt habe, quatscht mich ein Typ an. Er war total über die Massen aufgeschlossen - aber auf eine unangenehme Art. Er war begeistert von meiner Radreise und hat beschlossen, dass wir ab jetzt “best friends” sind und alles zusammen machen müssen. Der kam mir ja gerade recht…

Ich habe ihn damit vertröstet, dass ich mich erstmal ausruhen muss und bin auf mein Zimmer abgedüst. 

Als ich 30min später geduscht und in Sightseeing-Montur wieder aus der Tür getreten bin, habe ich mich extra mit Kopfhörern verkabelt, damit er sieht, dass ich telefoniere und nicht etwa auf die Idee kommt, mich irgendwohin einzuladen.













Ich habe Kopenhagen erkundet. Zu Fuß! Es war super toll mal wieder länger zu laufen. Und mit länger meine ich 15km 😁🫣 Ich konnte meinen Beinen einfach keine Ruhe gönnen. 

Zur Stärkung habe ich mir eine Pizza gegönnt und weil ich so viel Lust drauf hatte eine Box mit Dickmännern (“Schaumküssen”). Allerdings gab es die nur im 12er Pack. 

Als ich 5 gegessen hatte, war ich satt und wusste nicht wohin mit dem Rest. Also hab ich mir vorgenommen, die anderen 7 einfach im Park zu verschenken. Ich habe mich echt komisch gefühlt, als ich alle ab gecheckt habe, wer sich wohl am besten als “Dickmann-Beschenkte/r” eignet. Einen bin ich an einen Familienvater losgeworden und die anderen 6 hat mir eine deutsche Jungsgruppe abgenommen. Eine gute Tat am Tag und außerhalb der Komfortzone war es auch noch. 😊


Ich habe per Zufall schon einige Hauptsehenswürdigkeiten entdeckt. So auch die kleine Meerjungfrau am Hafen.

Als ich dann wirklich k.o. vom laufen war, bin ich zurück zum Hostel und nach 3 Wochen zum ersten Mal wieder in einem Bett geschlafen. (Spoiler: ich habe schlechter geschlafen als im Zelt.) 


Route 

73 km


Gesamtkilometer: 1488 km

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