Garda Trek - Tag 2

Meine erste Nacht so richtig ab vom Schuss im Zelt war ganz gut. Gestern Abend habe ich aus dem Wald sehr komische Geräusche gehört, die zu einem etwas größeren Tier gehören mussten und ich war schon kurz davor, meinen ganzen Kram wieder zusammen zu packen und doch im Rifugio zu schlafen. Aber dann haben sich die Geräusche entfernt und ich sie beharrlich verdrängt. 



Da rechts unten neben dem Schild stand mein Zelt

Ich habe mir Essen gemacht - ein sehr leckeres Süsskartoffelcurry - das ich eilig rein geschaufelt habe und habe mich dann schon vor 20:00 Uhr im Zelt verkrümelt, weil ich dachte, dass wenn ich im Hellen einschlafe, ich mich vielleicht sicherer fühle. 

Mein Herz hast wie wild gepocht und ich habe keinen Muskel bewegt. Ich bin tatsächlich eingeschlafen aber immer mal wieder aufgewacht. Jedes Mal wenn ich realisiert habe wo ich bin ging das Herzklopfen wieder los. Aber als ich gemerkt habe, dass es draußen totenstill ist und wirklich gar kein Geräusch zu hören ist, bin ich ruhiger geworden. Ich habe mich nämlich vor allem vor nicht definierbaren Geräuschen gefürchtet, aus denen ich dann irgendwelche Horrorszenarien entspinne. Ich bin immer ruhiger geworden und habe mich auch immer mehr getraut mich zu bewegen und meine Position zu verändern. Das Reiben vom Schlafsack auf der Matratze war im Kontrast zur stillen Umgebung natürlich exorbitant laut. 




Am nächsten Morgen hat mich die Sonne im Zelt gebacken und ich bin 8:15 Uhr losmarschiert. Vor mir waren ein Mann und eine Frau, was mir etwas Sicherheit gegeben hat. 

Als ich an einem Altschneefeld vorbei kam, bin ich das erste Mal an meine Grenze gekommen, da ich mich einen Geröllabhang hinab tasten musste und auf dem Schnee um Gottes wollen nicht abrutschen durfte. 


Da wusste ich aber noch nicht, dass noch eine viel schlimmere Passage kommt. 


Wenig später habe ich die beiden vor mir eingeholt, weil sie an einer Stelle nicht weiterkamen. Es war wieder ein Altschneefeld zu überqueren, aber die Beiden haben es schon versucht und sind mehrfach abgerutscht. Also sind wir alle drei unten herum gelaufen, was bedeutet dass wir erstmal runter mussten und zwar ohne Weg, weil der ja direkt über den Schnee geführt hätte. Im Zeitlupentempo haben wir uns herab getastet und jede Wurzel und jeden Busch als Seil benutzt. Da ich deutlich mehr Gewicht auf dem Rücken hatte als die anderen beiden, bin ich abgerutscht und 3m nach unten geschlittert bis ich mich an einem Busch festhalten konnte. Weh getan habe ich mir zum Glück nicht wirklich.


Unten angekommen haben wir die Wurzeln nun als Anker benutzt um uns an ihnen hoch zu ziehen. Natürlich musste man vorher 5 mal testen ob man auch wirklich nicht mit der Wurzel in der Hand dasteht und nach hinten wegkippt, wenn man sich mit seinem ganzen Gewicht auf deren Reissfestigkeit verlässt. 

Ein paar nervenaufreibende Momente später waren wir wieder auf dem Weg. 

Ich bin den beiden daraufhin nicht mehr von der Seite gewichen und der Mann - Andreas (ein Italiener) - hat mir gesagt, dass so ein Weg für so einen schweren Rucksack wie meinen nichts ist und schon gar nicht alleine. Da hab ich natürlich erstmal dumm geguckt. 





Später hat er gesagt, dass ich auch nicht im Zelt schlafen sollte, wegen der Bären. 

“Der was?” dachte ich schockiert. Er hat uns später einen Bärenhaufen und eine Stelle, an der die Bären nach Futter gesucht haben (ein komplett zerfleddertes Areal von Büschen) gezeigt und ich war unheimlich froh, dass ich das mit den Bären gestern Abend noch nicht wusste. Mir sind die komischen Geräusche wieder eingefallen und plötzlich dachte ich, dass es durchaus ein Bärenjunges gewesen sein könnte…


Dann schlägt Andreas, als wir gerade durch kniehohes Gebüsch laufen, plötzlich in die Hände. Wir fragen ihn, was er da macht und er erklärt, dass er nur die Schlagen vor uns warnen möchte, damit sie sich verkriechen. Meine Nerven lagen blank! Ich dachte das kurze, sehr unschöne Kapitel mit Schlagen hatte ich auf dem Via Alpina hinter mir gelassen. 


Wir sind weiter zusammen gelaufen und ich habe mit Tamara (29 jährige Bayerin) gequatscht, die selber auch schon viele Soloreisen und auch schon eine mit Zelt hinter sich hat.


Unten angekommen, haben wir noch zusammen ein Eis gegessen und uns dann erstmal verabschiedet. Ich habe mich auf einem Campingplatz einquartiert und eine Stunde geschlafen. 

 Ich habe mich erstmal für die Ekapaden belohnt… 




Ich bin so kaputt! 

Diese Wanderpreise ist das Anstrengendste was ich je gemacht habe - nicht physisch, sondern mental!! 

Ich bin mit einer Problemsituation nach der anderen konfrontiert, kann nichts genießen und bin ständig auf dem Sprung (oder Flucht vor Bären). So habe ich mir das ganze nicht vorgestellt. Wenn mir schon ein ortsansässiger Italiener von dieser Wanderung abrät, dann sollte ich vielleicht lieber auf ihn hören. Und auf Kontakt mit Bären, Schlagen oder was auch immer noch alles in diesen Wäldern lauert habe ich wirklich keine Lust. 


Ich werde mir jetzt überlegen, was ich alles noch sehen/ machen möchte, wenn ich schon einmal am Gardasee bin und dann entscheiden wie es weitergeht. 

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