Etappe 3

Auf meiner dritten Etappe auf dem Via Alpina bin ich endgültig im “grünen Tunnel” versunken. Ich bin aus dem Wald nur noch zum “Luft schnappen” aufgetaucht, konnte einen kleinen Blick auf den bewaldeten Hügel, den ich gleich erklimmen werde werfen, und dann war ich auch schon wieder in den verwildeten Tiefen verschwunden. 

Das hat genervt. Um mich bei Laune zu halten habe ich zum 683 mal die Känguru Chroniken angehört.




Nach 15km ging es dann stark bergauf. Der Anstieg war gefühlt 90 Grad steil und ich bin triefend nass geschwitzt nach oben gekrochen. Dort angekommen hatte ich allerdings zum ersten Mal einen tollen Ausblick auf die italienischen Alpen und nicht nur noch mehr Wald vor der Nase. 


Da sich um sich herum der Himmel schon wieder verdächtig zugezogen hat, habe ich aber nicht lange verschnauft und bin gleich weiter gelaufen. Allerdings war der Weg, den mir das Handy gezeigt hat, in der Realität nicht zu erkennen. Nur ein rot-weißes Zeichen am Baum deutete darauf hin, dass da zumindest irgendwann mal ein Weg war. Ich habe mich nach reiflicher Überlegung dazu entschieden, mich durchs Gestrüpp zu schlagen und bin  - die Lippen aufeinander gepresst, damit mir nichts in den Mund fliegt - durch die Büsche gelaufen. Ich musste höllisch aufpassen, nicht umzuknicken. 



Gebau so sah es aus! Wenn man nicht wüsste, dass da ein Weg ist, würde man es nicht sehen…


Dann war ich wieder auf einer befestigten Straße. Allerdings nicht lange. Der wahre Höllenritt stand noch bevor. 

Ich war immer noch auf über 1000m und musste auf 500m absteigen und dass genau wie vorher querfeldein ins Nichts weil der Weg schon total zugewachsen war aber die Schilder trotzdem anzeigten, dass es da lang gehen muss. 

Ich musste auf jeden Tritt achten und mich haben alle möglichen Viecher umschwirrt und Nesselsträuchee gepiekst. Ich hatte ziemliche Angst, weil ich wusste, dass mich niemand hören oder finden würde, wenn mir was passiert und ich auch nicht wusste, ob der ganze Weg plötzlich im Nichts endet und ich alles wieder hoch muss. Mit klopfendem Herzen bin ich weiter gelaufen - so vorsichtig wie nötig aber so schnell wie möglich. Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich in einem winzigen Dorf angekommen, wo ich meinen Rucksack abgesetzt und erstmal diesen schrecklichen „Weg“ verdaut habe.


Ich weiß, dass sich in meinem Blog alles immer relativ schön anhört und ich auch versuche, das Negative nicht so hervor zu heben. Aber als ich in diesem Dorf saß, war es mir einfach alles zu viel. Bisher wurden mir nur Steine in den Weg gelegt. Erst dachte ich, dass das Leben mich testen möchte und auf die Probe stellt, wie sehr ich diese Wanderung möchte aber dann habe ich angefangen zu glauben, dass es eher viele kleine Warnsignale waren, die mir sagen sollen „Hau lieber ab, bevor schlimmeres passiert!“.


Ich habe lange in dem Dorf an einer Mauer gelehnt und überlegt, wie es weiter gehen soll. Ich habe mich so lange auf dieser Wanderung gefreut und wollte doch nicht schon nach 3 Tagen die Flinte ins Koen schmeißen. Immerhin bin ich schon 100km gelaufen. 

Aber die Flinte auf mich selber zu richten und mich durch diese Wanderung  zu quälen und Gefahren auszusetzen fande ich auch nicht sinnvoll. 




Ich habe mich dann dazu entschlossen, wieder nach ganz unten ins Tal abzusteigen, wo mir ein Hotel angezeigt wurde. Dort wollte ich übernachten und dann weiter sehen. 

Als ich völlig eingenässt (da es zum 6. Mal gewittert hat) dort ankam, war von einem Hotel keine Spur. Generell war keine Menschenseele in Sicht. 

Langsam war es echt nicht mehr lustig. 


Zu meinem großen großen Glück kam ein Mann mit seiner Familie im Auto angefahren, den ich angesprochen habe. Er hat beim Hotel angerufen und gesagt, dass mich jemand abholen kommt und ins nächste Dorf einquartiert. Bis der kam, durfte ich mit zu ihm in die Wohnung und habe mit seiner Familie einen Tee getrunken, die mich ganz interessiert und verwundert ausgefragt haben.


20min später war der Typ vom Nachbardorf da und ich saß mit ihm im Auto. Er war so ins reden vertieft, dass er beim nach hinten stoßen voll gegen das Auto hinter uns gekracht ist. Ich dachte erstmal: „na klasse jetzt müssen wir hier auf die Polizei warten und ich komme nie ins Trockene.“. Aber der Typ ist einfach weggefahren, hat nach zwei Ecken angehalten und sein Auto nach Dellen abgescannt aber sich keine Gedanken um das andere Auto gemacht. 

Mir war’s nur recht. 





Im Nachbardorf angekommen, hat er mich in ein komplett leeres Hostel gebracht. Ich war die einzige Besucherin und daher auch die ganze Nacht alleine. Ich war aber schon an einem Punkt, dass mich das so gut wie gar nicht gegruselt hat. 

Ich habe geduscht und dann auf dem Fensterbrett meine „Instant Spätzle“ gekocht. 


Wie es nun weiter gehen sollte, wusste ich allerdings immer noch nicht…

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