Etappe 2

Puh ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll… die letzten zwei Tage waren so ereignisreich wie das ganze letzte Jahr. 

Ich habe am Tag meiner 1. Etappe einen Nachtplatz im Weinberg von einer Frau (Laura) gefunden, die ein Bed and Breakfast bewirtschaftet. In der Nacht hat es jedoch angefangen zu Gewittern und ein paar Minuten später lag ich in einem, von Starkregen beschütten Zelt. Ich hatte ganz vergessen, wie laut es im Zelt ist, wenn es regnet!! 😰



Laura’s Vater hat mir am nächsten Morgen ein Croissant zum Zelt gebracht und mich auf einen Kaffee ins Haus eingeladen. Das habe ich gerne angenommen, das Gespräch, was mehr mit Händen und Füßen als einer gemeinsamen Sprache stattfand, hat sich jedoch auf „Danke“ und „Tschüss“ beschränkt. Aber ich bin sehr froh, meine ersten „Via Alpina Trail Angel“ getroffen zu haben. 




So weit so gut. Die zweite Etappe wurde dann schon schwieriger. 

Ich musste fast den ganzen Tag durch den dunklen und dichten Wald, was meine Nerven echt an ihre Grenzen gebracht hat. Es war extrem gruselig und die Wege hier sind zwar ausgeschildert, aber nicht gut erhalten. Also kam es mehrmals vor, dass ich auf einem, vom Gebüsch so überwachsenen Trampelpfad gelaufen bin, den man fast nicht mehr erkenne konnte. Ich hatte die ganze Zeit ein mulmiges Gefühl! 




Ausserdem musste ich mich gestern bestimmt 5 Mal gegen frei laufende (!) aggressiv kleffende Hunde (zum Glück fast nur Mops-Größe) zur Wehr setzen. Auf den ersten (definitiv größer als ein Mops - eher so Labrador) bin ich gestoßen, als ich mich verlaufen hatte und den selben Weg - am Hund vorbei - wieder zurück musste. Der ist mir aber hinterher gerannt und ich wollte auf keinen Fall nochmal sein Revier durchkreuzen. Der Hund hat von dem Moment an, als er mich gesehen hat ununterbrochen geklefft.

Also bin ich durch den Weinberg gelaufen, wo ich sicher war. Pustekuchen! Der Hund ist mir in den Weinberg nachgelaufen und war zwei Parallel-Reihen von mir weg. 

Auf einmal habe ich festgestellt dass unsere Reihen sich weiter vorne treffen und zusammen laufen und ich dem Hund dann unweigerlich gegenüber stehe - oder schlimmer! Ich bin also stehengeblieben und habe Panik geschoben. Der Hund hat gebellt, gebellt und gebellt und war ausnahmsweise sogar etwas größer (Hüfthöhe) als die anderen, die mir im Verlaufe des Tages noch begegnet sind. 


Ich habe mich dann entschlossen, zurück zu gehen und dort drauf zu hoffen, dass mich jemand sieht und mir hilft. Als ich mich zum gehen umgedreht habe, ist der Hund ganz krass zusammengezuckt - hat er wohl nicht erwartet. Da habe ich mir gedacht: „Du blöder Hund hast genauso viel Angst vor mir, wie ich vor dir!“ und habe das zu meinem Vorteil ausgenutzt. Ich habe mir einen Stock geschnappt und bin mutigen Schrittes (nun doch in die Richtung, in die ich wollte) gelaufen. Der Hund mir nach. Doch ich habe immer als er mir wieder zu nah gekommen ist einen aggressiven Schritt auf ihn zu, mit dem, den Stock haltenden, erhobenen Arm gemacht und habe ich laut beschimpft. Das hat gewirkt. Ich habe es noch eine Weile so gemacht und bin dann so lange rückwärts, mit Gesicht zum Hund meinen Weg lang gelaufen, bis ich mich außer Gefahr gewähnt habe. 

Alle Hunde, die danach auf mich zugerannt kamen, habe ich mit Stock im Arm und energisch auf sie zu gehend in die Flucht geschlagen. 💪🏽


Mittags habe ich in Castelmonte, dem eigentlichen Etappenziel von Etappe 1, Mittag gemacht und es gab zu meinem großen Glück einen Brunnen und ein Klo mit Seife!!! 




Danach ging’s wieder in den Wald. 🙄

Und außerdem noch extrem Berg hoch! Ich bin schweißgebadet auf einer kleinen Lichtung angekommen und habe die schöne Aussicht genossen. 

Als ich mich wieder aufmachen wollte zu den letzten Höhenmetern habe ich erstmal den Schock meines Lebens bekommen: Als ich den ersten Tritt auf meinen Pfad nach oben mache, raschelt es auf einmal im Gras und ich sehe, wie sich eine mindestens 1m lange, 3/4cm breite, schwarze Schlange wegschlängelt!!! Alle, die mich kennen, wissen, dass das so ziemlich der schlimmste Albtraum für mich ist. Mein Körper hat gleich eine Adrenalinüberdosis freigesetzt und ich bin nach oben abgesprintet. Aber der Schock saß mir bis heute früh in den Knochen. 


Ab diesem Moment wollte ich nicht mehr in den Wald, da es ohnehin schon gruselig war und ich nun auch noch in jedem Stock eine Schlange gesehen habe.  


Ich habe also die Straße genommen, die parallel zum Weg verläuft. Da kam jedoch gleich das nächste Problem. Es hat auf einmal angefangen zu regnen und gleich darauf hat der Himmel über mir so laut gekracht, dass ich dachte die Erde fängt an zu beben. Ich habe mich in einer kleinen Kapelle, die zum Glück gerade da war, untergestellt und das schlimmste ausgesessen. Wieder eine Situation, in der meine psychische Stärke tausend mal mehr gefordert war als meine physische! 


Als das Gewitter nachgelassen hat, bin ich weitergelaufen aber nun langsam etwas besorgt um einen Schlafplatz. In der Gehend hier kommt alle 5km mal ein Dorf à 5-10 Häuser und ich wollte ja nicht in der Pampa, sondern wieder bei Leuten übernachten. 

Irgendwann habe ich dann einen Ort gefunden und eine Frau angesprochen, ob ich in ihrem Garten zelten kann. Sie hatte zwar keinen aber hat mir zig andere Orte - unter anderem einen völlig verdreckten Viehanhänger - gezeigt, wo ich schlafen sollte. 

Ich habe dann eine kleine Grünfläche entdeckt und dort durfte ich mein Zeit aufbauen. 

Die ältere Frau - Anna - sprach etwas Englisch und fand es total faszinierend, was ich denn hier mache und was ich alles dabei habe. Sie wollte mir unbedingt beim kochen zusehen und hat mir eine Dusche angeboten und ein Eis geschenkt. Wir haben den restlichen Abend draußen gesessen und geredet. ⛺️🥾




Was für ein Tag. Jetzt beim Schreiben merke ich nochmal, wie herausfordernd diese ganze Wanderung ist und wie viele kritische Situationen ich schon erlebt habe. 

Ich muss wirklich sagen, dass das ganze laufen das geringste Problem ist und meine Angst und meine Psychische Stärke mich mehr belastet. 

(Achja gelaufen bin ich 30km und einiges an Höhenmetern) 


PS: Kommaregeln und co sind in diesem Blog außer Keaft gesetzt. Es geht ja um den Inhalt. 😌

Kommentare

  1. Ziemlich harter Tobak!! Doch Erfahrungen, die dir keiner nehmen kann.. du kannst jetzt Hunde vertreiben :-) im Gegensatz zu den meisten von uns. So schade, dass die Gegend so unwirtlich und menschenleer ist.. dunkler Wald ist wirklich das letzte was man beim Wandern haben möchte, erst recht nicht mit Gewitter.. Der Beginn deiner ersten Fernwanderung hätte wirklich einfacher sein können. Doch so muss es ja nicht bleiben, sieh mal was du draus machen kannst. Wir denken an dich, drücken dich und ganz fest die Daumen und wünschen dir das Allerbeste!!! Alles Liebe von Mama und Nils

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  2. (Mama von Nils‘ iPad..)

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  3. Hallo Tina, 30 km sind echt ne Leistung, und das noch mit Gepäck und Höhenmetern. Großen Respekt! Halt durch und genieße die Zeit! Es kommen bestimmt auch noch einfachere Tage :-) Liebe Grüße, Karina

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    1. Hallo Karina, lieben Dank für deine Nachricht! Ich gönne mir eine kleine Pause und dann gehts weiter.

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